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Bewusstes Leben

Der richtige Moment
Bewusstes Leben

Die Sache mit dem richtigen Moment

Letztes Wochenendende unternahmen mein Partner und ich eine Rundwanderung hoch über dem Genfersee (https://www.schweizmobil.ch/fr/suisse-a-pied/itineraires/route-0266.html) und als Belohnung für die Anstrengung wollten wir anschliessend im türkisfarbenen See baden. Endlich am See angekommen wehte jedoch plötzlich ein heftiger Wind, der See war eher graublau als türkis, Wellen peitschten auf und ab, das Wasser war aufgewühlt, Schwemmholz trieb am Ufer. Nach kurzem Hin und Her wagten wir dennoch den Sprung ins aufgewühlte Nass, kämpften gegen hohe Wellen und widerspenstige Seepflanzen. Zwei Stunden später, nach einem gemütlichen Apéro bei Sonnenuntergang, war der See wieder spiegelglatt, der Himmel färbt sich langsam rosa, die Stimmung war magisch. Einen Moment lang nervte ich mich: Hätten wir nicht besser ein bisschen gewartet? Wäre es nicht romantischer gewesen, im spiegelglatten See dem Sonnenuntergang entgegenzuschwimmen? 

Gibt es den „richtigen“ Moment?

Natürlich. Doch gibt es ihn, den einen richtigen Moment? Den Zeitpunkt also, wo sich alle Puzzleteilchen auf magische Weise zusammenfügen? Den richtigen Zeitpunkt, um eine neue Stelle anzutreten, eine Familie zu gründen, ein Haus zu kaufen, eine Weltreise zu machen, ein Buch zu schreiben, ein eigenes Geschäft zu eröffnen oder eben im See zu baden? Und sollten wir wirklich auf diesen einen magischen Zeitpunkt, diese Fügung des Universums, warten? weiterlesen…

Neustart
Bewusstes Leben

Neustart: 2021, ich bin bereit!

Gestern Mittag war ich im Wald. Ich lief meine übliche Joggingrunde, kämpfte mich keuchend den gehassten Hang hinauf, kreuzte andere keuchende Joggerinnen und Jogger, manche in kurzen Hosen, manche in Wollpullis. Seit dem Lockdown hat sich die Anzahl Joggerinnen und Jogger im Wald exponentiell vermehrt, also nahm ich einen Schleichweg, kahle Äste schlugen mir ins Gesicht, ich versank knöcheltief im Schlamm, fluchte über meine nassen Füsse. Und da entdeckte ich die ersten Knospen an den Bäumen, spürte das zaghafte Wiedererwachen der Natur und wusste: Es ist auch für mich Zeit für einen Neustart.

Neustart, das hört sich verlockend an. 2020 war trist und deprimierend, ein Jahr randvoll gefüllt mit Ängsten, Trübsal und Tränen. Ein klitzekleines Etwas dominierte plötzlich den Alltag, war der Star der Show, sorgte für Negativ-Schlagzeilen, die sich bedrohlich wie dunkle Wolken am Himmel auftürmten, raubte den Schlaf und den Verstand. Menschen stritten auf einmal um Positivitätsraten, R-Werte und den Sinn und Unsinn von Massnahmen, Massentests und Masken. Ich diskutiere nicht mehr mit – nein, 2021 soll anders sein. weiterlesen…

Graue Haare
Bewusstes Leben

Altern: Graue Haare? Na und?!

Neulich trödelte ich vor dem Zubettgehen wieder einmal im Bad herum, mein Partner tigerte bereits vor der Tür auf und ab, meine Katze miaute vorwurfsvoll und trotzdem putzte ich meine Zähne ein zweites Mal ausgiebig mit meinem neuen, zu 90 % abbaubaren Zahnbürstli aus Bambus. Die Welt roch nach Biosalbei und Biominze und ich war rundum zufrieden. Schliesslich hatte ich soeben einen Beitrag für eine bessere Welt geleistet, oder? So nahm ich mir etwas zu viel Zeit, um mich ausgiebig im Spiegel zu betrachten. Und da entdeckte ich sie: Die ersten grauen Haare. Was? Graue Haare? Ich? No way! weiterlesen…

Januar-Blues
Bewusstes Leben

Januar-Blues: Warum es sich lohnt, das Jahr ruhig anzugehen

Liebe Leserin, lieber Leser, leidest du auch unter dem Januar-Blues? Hast du die Minustemperaturen, die ewige Dunkelheit und deine ambitiösen Neujahrsvorsätze langsam satt? Und bist du auch der Meinung, dass der Januar der vertrackteste Monat des Jahres ist?

Es ist doch so: Jeder Monat tanzt nach seinem eigenen Rhythmus – und der Januar ist besonders verkrampft. Der Dezember tanzt wie eine barocke Schönheit – schwerfällig, frivol und ein bisschen behäbig. Im Dezember lassen wir es uns gut gehen. Wir werfen das schwer verdiente Geld leichtfertig zum Fenster hinaus, schlagen uns die Bäuche voll, feiern die Liebe und schlafen wie Murmeltiere. Der Januar hingegen ist ein Miesepeter. Wenn er tanzt, dann tritt er höchstens zur Pflicht an. Doch viel lieber rennt und keucht er wie ein Leistungssportler. Sobald die Neujahrsglocken erklingen, kommt er ehrgeizig aus der Startbahn geschossen, sein Puls rast, seine Augen sind starr auf die Ziellinie gerichtet. Und unaufhörlich krächzt er: Abnehmen! Sparen! Trainieren! Verbessern! Optimieren! Das neue Jahr soll schliesslich besser werden als das alte.

Dementsprechend ächzen die Regale der Buchhandlungen im Januar unter all den Büchern zu Saftdiäten und Self-Growth-Ratgebern, die Zeitschriften überbieten sich mit Tipps zum Intervallfasten, zur Low-Fat-Küche und zur Senkung des Bluthochdrucks, Fitnessstudios haben Hochkonjunktur, in den sozialen Medien boomen Hashtags wie #Veganuary oder #Dryjanuary und selbst bei eisigem Wetter trifft man im Wald auf beleibte Jogger, die sich in viel zu warmer Kleidung schwer schwitzend verschneite Hügel hinaufschleppen. Oh Januar, du bürgst uns viel zu viel auf!

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Selbstfindung
Bewusstes Leben

Selbstfindung oder Selbsterfindung, das ist hier die Frage!

Ich entsorgte gerade Papier, Glas und Dosen und nervte mich über die Katzenfutter-, Olivenöl und Rotweinreste, die sich am Boden meiner Tasche zu einem ekligen Etwas vereint hatten, als mir der Satz an der gegenüberliegenden Mauer ins Auge sprang. Da hatte jemand in leuchtend blauen Buchstaben drei simple Wörter hingeschmiert: «Was wosch sy?»

Die drei leuchtend blauen Wörter sahen mich herausfordernd an. Sie kitzelten mich, sie neckten mich und sie liessen mich nicht mehr los. Sie begleiteten mich auf dem Nachhauseweg, beim Abendessenkochen und beim Einschlafen. Denn was, wenn die entscheidende Frage nicht lautet, wer wir sind, sondern wer wir sein wollen? Oder anders ausgedrückt: Ist die Selbsterfindung die neue Selbstfindung? weiterlesen…

Reisefrust
Bewusstes Leben

Reisefrust statt Reiselust: Der wahre Preis des Reisens

Das „Grüezi” aus dem dunkelrot geschminkten Mund der Flight-Attendant beendet die Ferien abrupt. Müde kämpfen wir uns durch den langen Rumpf der Swiss, vorbei an stoisch lächelnden Flugbegleiterinnen und aufgeregten Passagieren. Direkt vor dem Notausgang sitzt ein Ehepaar, die Hände eng ineinander verschlungen, die Füssen wild wippend, die rettende Tür in Reichweite. Das Flugzeug ist komplett besetzt, die meisten Fluggäste sind Schweizer, die wie wir aus dem Irlandurlaub heimkehren. Unser zehntägiger Trip durch Irland war toll, das Wetter ungestüm, die Landschaft von wilder Schönheit. Doch ein schales Gefühl bleibt, Reisefrust macht sich breit: Was suchen wir so dringend in der Ferne, das uns immer wieder dazu bringt, uns in eine enge, stickige und ohrenbetäubend laute Röhre zu quetschen und mit fast 800 Kilometern pro Stunde durch die Luft zu schiessen?

Reisefrust #1: Wo die Abfallberge glitzern

Ich leide an Reisefrust. Warum? Die Menschen sind noch nie so viel gereist wie heute. Was früher ein Privileg der Wohlbetuchten war, ist heute zur Massenaktivität verkommen. Billigflieger katapultieren uns in wenigen Stunden an meilenweit entfernte Orte, wo wir uns mit anderen Touristen durch enge Städtchen zwängen, wie Ölsardinen an einem Strand liegen oder stundenlang Schlange stehen, nur um uns in einem Museum gegenseitig auf die Füsse zu treten. Und selbst abseits der ausgetretenen Pfade pilgern heute Scharen von Touristen – den sozialen Medien sei Dank.

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Barcelona
Bewusstes Leben

Lost in Barcelona: Als ich in Barcelona festsass und das Glück entdeckte

Wir warten. Und warten. Und warten. Ich schleiche mich noch einmal verstohlen zur Anzeigetafel, obwohl ich schon weiss, was da steht: Delayed. Unser Flug von Barcelona nach Genf hat mittlerweile über sechs Stunden Verspätung. Und der Start wird laufend nach hinten verschoben. In Frankreich streiken die Fluglotsen, das pure Chaos regiert den französischen Luftraum. Für uns heisst das: Wir haben keine Chance mehr, den letzten Zug von Genf nach Bern zu erwischen. Und werden einen ganzen Arbeitstag verpassen.

Eigentlich mag ich Flughäfen. Ich mag das Gewusel, das Sprachengewirr und die Anzeigetafeln, die Möglichkeiten verheissen: London, Bangkok, New York, Paris, Buenos Aires, wohin darf es gehen? Aber was macht man einen Tag lang in der Abflughalle von Barcelona el Prat? Essen oder shoppen, das ist hier die Frage! Wenn das Essen doch wenigstens gut wäre. Und nicht so schweineteuer!

Endstation Barcelona El Prat: Von einem Flugzeug, das nicht fliegt

Easy Jet hat uns als Entschädigung für den verlorenen Tag grosszügigerweise einen Gutschein von 18 Euro pro Person spendiert. Aus Langeweile schlagen wir uns die Bäuche voll: Früchte und Smoothies für das gute Gewissen, Chips, Schokolade und M&M’s gegen den Frust und zum krönenden Abschluss einen Double-Cheesburger. Mir ist schlecht. Und dann wird unser Flug nochmals um eine Stunde verschoben. ¡Ay caramba!

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Tod
Bewusstes Leben

Was uns der Tod lehrt

Kürzlich starb mein Kater. Er litt an einer schweren Krankheit, er frass nicht mehr, er putzte sich nicht mehr, er hatte jegliche Freude am Leben verloren. Der Tierarzt legte mir nahe, ihn einzuschläfern. Schweren Herzens nahm ich von ihm Abschied. Lange streichelte ich seinen noch warmen Körper, das flauschige Fell hinter seinen Ohren, seine samtigen Pfoten und konnte nicht glauben, dass sein Körper nur noch eine leblose Hülle war, die bald zerfallen sein würde. Dass sein Leben vorbei war. Dass er nie wieder maunzend um meine Beine streichen, sich genüsslich in der Sonne räkeln oder mit mir Verstecken spielen würde.

Der Tod lehrt uns: Nichts besteht, alles vergeht

In den folgenden Tagen dachte ich viel über den Tod nach. Darüber, wie er sich plötzlich in mein Leben geschlichen und mich hinterrücks überfallen hatte. Wie ein feiger Ganove. Doch hatte er das? Oder hatte ich ihn nur erfolgreich verdrängt?

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Jahresbeginn
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Vorsätze zum Jahresbeginn: Warum es sich lohnt loszulassen

Ich mag Neuanfänge. Und den Jahresbeginn, der jedes Mal geheimnisvoll wie eine frisch verschneite Landschaft in der Sonne glitzert und darauf wartet, dass wir die ersten Fussabdrücke hinterlassen. Der Jahresbeginn verspricht neue Erlebnisse und Erkenntnisse, neue Reisen und Bekanntschaften. Gleichzeitig hat er aber alte Verletzungen, Sorgen und Glaubenssätze im Schlepptau. Und diese werden uns auch im neuen Jahr trotz aller guten Vorsätze daran hindern, unsere Ziele zu erreichen.

Jahresbeginn: Zeit, die Seele zu entrümpeln

Der Jahresbeginn ist der ideale Zeitpunkt, um innezuhalten und Bilanz zu ziehen, beispielsweise indem wir uns fragen: Was lief im letzten Jahr gut, was lief schlecht, was können wir besser machen, was möchten wir ändern? Er schenkt uns die wunderbare Möglichkeit, unser Leben zu überdenken und zu entrümpeln. Nutzen wir diese Gelegenheit doch dazu, dieses Jahr nicht nur unsere Schränke, sondern auch unsere Köpfe einmal richtig auszumisten.

Denn auch in unseren Seelen hat sich über die Jahre allerlei Ballast angesammelt. Und all die Verletzungen, versteinerten Glaubenssätze und negativen Erfahrungen hinterlassen nicht nur Spuren, sie nehmen uns auch den Wind aus den Segeln und verhindern, dass wir vorwärts kommen.

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Glück
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Dem Glück auf der Spur: Über das „Pilzele“ und die Kraft der Langsamkeit

Es geschah neulich beim «Pilzele». Missmutig stapfte ich hinter meinem Partner durch den goldenen Herbstwald. Der Boden war nass und schlammig, am Vortag hatte es sintflutartig geregnet. Nun war die Nässe durch meine Schuhe in meine Socken gedrungen und die Kälte war gerade im Begriff, meine Beine hochzukriechen und mich in ihren eisigen Mantel zu hüllen. Auch meine Stimmung war am Gefrierpunkt angelangt. Der Pilzkorb in meiner rechten Hand gähnte vor Leere. Ich schaute auf den kümmerlichen Maronenröhrling, der da lag, und empfand Mitleid mit der Petersilie im Kühlschrank, die jetzt mangels Pilzen weiter ihr einsames Dasein fristen und langsam verwelken würde.

Das Glück räkelt sich im Moosbett

Ich war in missliche Gedanken versunken, als ich auf dem Rückweg am Wegrand einen Pilz entdeckte, der sich keck in seinem Moosbett räkelte. «Das wird irgendein Täubling sein», dachte ich und schob vorsichtig die Moosdecke beiseite. Zu meiner Überraschung enthüllte ich einen grossen, wohlriechenden Pilz mit einem bauchigen Stamm. Es war ein prächtiger Steinpilz, der sich da am Wegrand versteckt hatte. Und an dem wir vor einer Stunde blindlings vorbeigegangen waren.

Der kostbare Fund spornte uns an. Trotz der Kälte suchten wir eifrig weiter und plötzlich fanden wir Speisepilze en masse. Was für einen Unterschied die Perspektive doch ausmacht! Am Ende des Nachmittags war unser Korb mit etlichen Maronenröhrlingen, Lachsreizkern, Eierschwämmen und vier wunderschönen Steinpilzen gefüllt.

In den folgenden Wochen dachte ich oft an diesen Tag zurück, versinnbildlicht er doch nebst der Macht der Perspektive, über die ich hier geschrieben habe, zwei weitere, wesentliche Dinge: Erstens ist der Weg das Ziel und zweitens will gut Ding Weile haben.

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