Es geschah neulich beim «Pilzele». Missmutig stapfte ich hinter meinem Partner durch den goldenen Herbstwald. Der Boden war nass und schlammig, am Vortag hatte es sintflutartig geregnet. Nun war die Nässe durch meine Schuhe in meine Socken gedrungen und die Kälte war gerade im Begriff, meine Beine hochzukriechen und mich in ihren eisigen Mantel zu hüllen. Auch meine Stimmung war am Gefrierpunkt angelangt. Der Pilzkorb in meiner rechten Hand gähnte vor Leere. Ich schaute auf den kümmerlichen Maronenröhrling, der da lag, und empfand Mitleid mit der Petersilie im Kühlschrank, die jetzt mangels Pilzen weiter ihr einsames Dasein fristen und langsam verwelken würde.
Das Glück räkelt sich im Moosbett
Ich war in missliche Gedanken versunken, als ich auf dem Rückweg am Wegrand einen Pilz entdeckte, der sich keck in seinem Moosbett räkelte. «Das wird irgendein Täubling sein», dachte ich und schob vorsichtig die Moosdecke beiseite. Zu meiner Überraschung enthüllte ich einen grossen, wohlriechenden Pilz mit einem bauchigen Stamm. Es war ein prächtiger Steinpilz, der sich da am Wegrand versteckt hatte. Und an dem wir vor einer Stunde blindlings vorbeigegangen waren.
Der kostbare Fund spornte uns an. Trotz der Kälte suchten wir eifrig weiter und plötzlich fanden wir Speisepilze en masse. Was für einen Unterschied die Perspektive doch ausmacht! Am Ende des Nachmittags war unser Korb mit etlichen Maronenröhrlingen, Lachsreizkern, Eierschwämmen und vier wunderschönen Steinpilzen gefüllt.
In den folgenden Wochen dachte ich oft an diesen Tag zurück, versinnbildlicht er doch nebst der Macht der Perspektive, über die ich hier geschrieben habe, zwei weitere, wesentliche Dinge: Erstens ist der Weg das Ziel und zweitens will gut Ding Weile haben.